Wie ihr vermutlich mitbekommen habt, lag den Konstanzer und Radolfzeller Regionalausgaben des Südkuriers sowie dem ebenfalls zum Südkurier Verlag gehörenden Konstanzer Anzeiger am Mittwoch, den 24.02.2021, eine zehnseitige Wahlzeitung der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) mit dem Titel „AfD Seesicht“ bei. In Format und Aufmachung orientiert sich die vom AfD-Landtagswahlkandidaten Thorsten Otterbach herausgegebene Zeitungsbeilage hierbei am gängigen Layout diverser Tages- und Wochenzeitungen. Warum wir die Verteilung dieser Werbebeilage durch den Südkurier für fahrlässig und dem öffentlichen Diskurs schadend halten, möchten wir im Folgenden erläutern.
Die dem Südkurier und dem Konstanzer Anzeiger in einer Auflagenhöhe von ca. 89.000 Exemplaren beiliegende „AfD Seesicht“ wurde durch die Partei von Thorsten Otterbach sowie durch unbekannte Spender:innen finanziert. Herr Otterbach selbst kolportiert Kosten in Höhe von 15.193 € für die Wahlzeitung. Dieses Geld wurde an das Südkurier Medienhaus gezahlt (siehe Herrn Otterbachs Stellungnahme auf Facebook vom 26.02.2021).
Die Geschäftsführung des Südkurier Medienhaus verweist in ihrer bisher einzigen Stellungnahme auf das Trennungsgebot von Anzeigen und redaktionellem Inhalt. Vermeintlich befindet man sich damit auf der sicheren Seite und verweist auf die Überparteilichkeit der eigenen Arbeit.
Die Alternative für Deutschland ist aber keine gewöhnliche Partei. Vielmehr fungiert sie als demokratiefeindlicher Schmelztiegel alt- und neurechter, rassistischer und verschwörungsgläubiger Strömungen und verbreitet nicht erst seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie gezielt Fehlinformationen, Unwahrheiten und Verleumdungen. Zu dieser Einschätzung kommt inzwischen auch der Verfassungsschutz, der in der selben Woche, in der die AfD-Wahlzeitung dem Südkurier beilag, die bundesweite nachrichtendienstliche Beobachtung der Partei ankündigte.
Die auflagenstärkste Tageszeitung der Region akzeptiert also Geld der AfD damit diese ein Potpourri aus rassistischen Stereotypen, Verharmlosung des menschengemachten Klimawandels und Corona-Relativierung verbreiten kann. Man beteiligt sich aktiv an der Weitergabe dieser Inhalte und ist sich dessen auch bewusst. Anders ist der relativierende Hinweis auf der Titelseite der Ausgabe des 24.02.2021 („AfD verantwortlich für Wahlwerbung“) nicht zu erklären.
Dass Fehlinformationen unter anderem im Hinblick auf Covid-19 verbreitet werden, ist für uns als Kulturinstitutionen und Wirkungsstätten öffentlichen Lebens nicht akzeptabel; es gefährdet auch unmittelbar unsere Existenz (und die aller Mitmenschen). Je mehr Unwahrheiten und Verharmlosungen sich in der Bevölkerung verfangen, desto länger wird es dauern, bis die Infektionszahlen nachhaltig im Landkreis und darüber hinaus sinken. Das Resultat: wir können nicht öffnen und nicht das machen, wofür wir am meisten brennen, nämlich Kultur in all ihren Facetten anbieten.
Da es bisher keinen Hinweis auf eine ernsthafte Einsicht seitens des Südkurier Medienhauses gibt und im Gegensatz zu anderen Regionalzeitungen in Baden-Württemberg noch nicht einmal die Einnahmen aus der Anzeige an gemeinnützige Organisationen gespendet wurden, möchten wir als Kulturinstitutionen des Landkreises Konstanz hiermit klar sagen: so nicht, Südkurier! Der Normalisierung einer demokratiezersetzenden, xenophoben, sexistischen und sozialchauvinistischen Partei muss Einhalt geboten werden. In der Wahlkabine und im öffentlichen Raum.
Unsere Botschaft ist daher folgende: Wir stehen für eine vielfältige und offene Gesellschaft, in der Kunst und Kultur frei sein können und keinen nationalistischen Partikularinteressen dienen.
Die Unterzeichnenden:
• Café Mondial
• Fridays for Future Konstanz
• Green Office Uni Konstanz
• Junges Theater Konstanz
• KuLa
• Mobile Jugendarbeit Konstanz
• Pulse of Europe Konstanz
• Regionauten
• Standortfaktor K
• Zebra Kino Konstanz